Sibylle Springer
11.10.2014 –
07.11.2014
Das Vergnügen
Der Titel der Ausstellung ist einem Bild des belgischen Malers René Magritte entlehnt. Das Werk von 1927 zeigt eine junge Frau vor einem Baum, auf dessen Ästen allerlei exotische Vögel sitzen. Sie selbst hält in ihren Händen einen braunen Vogel, den sie zu verzehren scheint. Ihre Hände und der weiße Spitzenkragen ihres Kleides sind mit Blut beschmiert. Ein böses Vergnügen.
Ähnlich Sibylle Springers Acrylbild "Loser" (2014), das im Mittelpunkt der Ausstellung steht: Die Malerin hat Tizians "Schindung des Marsyas" auf ihre Leinwand übertragen. Darauf zu sehen ist der Satyr Marsyas - an den Hinterbeinen kopfüber in einen Baum gehängt. Mit einem Messer wird ihm das Fell abgezogen. Jemand spielt dazu Geige. Ein Hund leckt das Blut, das dabei auf den Boden gelaufen ist. Ein ebenso böses Vergnügen.
Kunsthistorische Verweise spielen bei Sibylle Springer oftmals eine große Rolle. Seit einigen Jahren beschäftigt sie sich mit Darstellungen von Grausamkeiten in aktueller, vor allem aber alter Kunst. Meist - so auch in dieser Ausstellung - bezieht sie sich auf die Malerei des Barock. Springer überträgt die Bilder formatgetreu auf ihre Leinwände und bedeckt sie mit immer wieder neuen Farbschichten.
Die ursprünglichen Bildinhalte werden so verdeckt und verfremdet. Auch inhaltliche Schwerpunkte werden auf diese Weise verschoben. Springers Versionen des Tizian wirken abstrakt und plastisch. Aus ihrem Atelier stammen zwei unterschiedliche Fassungen. Die vielen Schichten lasierender Acrylpunkte, die sie hier aufgetragen hat, legen sich in der einen Version wie ein Ölfilm auf dem Wasser über das Motiv, während sie sich in der anderen zu Massiven verdichten und aufbrechen, wie Gesteins- oder Kohleschichten.
Im Mittelpunkt steht nun nicht mehr der geschundene Satyr. Das Bild wird von den Rändern her erschlossen. Man erkennt figurative Strichkonstellationen. Springers Farbschichtungen zeigen und verstecken im selben Moment.